Annales nuntius lux – Pfade des Morgensterns
Hier ein Einblick in eines meiner nächsten Bücher.
Die schöne Lilie war schon ganz zerdrückt, da die zwei, in silberne Schutzanzüge gehüllten, Drohnen die junge Mutter zu einer kleinen Tür führten, die sich seitlich von dem riesigen Palastportal befand. An diesem Punkt musste keiner mehr gezerrt werden, denn spätestens hier war jedem bewusst, dass es keine Hoffnung auf Begnadigung mehr gab. War man erst einmal vor der Tür angekommen, gab es nur noch die Überlegung, welches das Qualvollste an dieser Art zu Sterben sein würde, die Verbrennungen der Sonne, der unglaubliche Durst, die eisige Kälte in den Nächten, oder der unbändige Hunger, falls man doch ein Versteck in den Bergen finden sollte.
„Hier ist deine Wasserflasche und deine Gnadenration…“, mit einem eiskalten Blick hielt die Wärterin, die kaum älter als die ehemalige Herrscherin war, ihr eine Flasche und eine kleine Metallbox hin.
„Die kannst du behalten.“, spuckte sie der emotionslosen Maske der Drohne entgegen und wendete sich der Tür zu.
„Oh doch du wirst sie nehmen…“, antwortete diese und schnürte ihr die Sachen an einem Gürtel um ihre geschmeidigen Hüften, „die kriegt jeder! Nicht so, als ob es euch was helfen würde, aber niemand soll dem Erhalter nachsagen können, dass er euch keine Chance geben würde. Wer weiß, vielleicht schaffst du es ja da draußen nicht zu krepieren, dann sehen wir uns in fünfzehn Jahren hier wieder.“, selbst dem monotonen Tonfall der Drohne, war der Sarkasmus anzuhören, und während sie die Pforte öffnete, glaubte Benzede ein leises Kichern zu hören, in welches die zweite Wärterin mit einstimmte. Sie hörte die beiden auch noch lachen, nachdem sie von den Hand- und Fußfesseln befreit worden und die Tür hinter ihr ins Schloss gefallen war.
Natürlich konnte sie im ersten Augenblick nichts sehen, denn dass Licht der Sonne, welcher ihre Augen noch nie ungeschützt ausgesetzt gewesen waren, war so grell und blendete sie so sehr, dass sie anfangs nicht einmal die unerträgliche Hitze wahrnahm. Doch nach einigen Sekunden der Eingewöhnung wurde ihr bewusst, dass sie sich schnellstmöglich einen Unterschlupf suchen musste und sah sich auf dem trostlosen Plateau um. Es gab weit und breit nichts. Nicht ein Stein oder Fels war in der Nähe, der ihr hätte Schatten spenden können. Wohin sollte sie gehen? Wohin würden all‘ die anderen gehen, fragte sie sich und blickte hinter sich auf ihre Leidensgenossen. Alle starrten sie an. Es war nicht anders zu erwarten gewesen. Seit sie von dem einzigen, der sich in dieser Atmosphäre frei bewegen konnte, zur Frau gewählt worden war, wurden auch ihr übermenschliche Fähigkeiten angedichtet. Leider entsprach dies ganz und gar nicht der Wahrheit. Sie war ein einfacher Mensch und auch ihr blieb nichts weiter als die Hoffnung. Die Hoffnung auf das Eintreffen der Wahrsagung, die Hoffnung auf den menschlichen Anteil in ihrer Tochter und die Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen mit ihr. Bei diesem Gedanken fiel die Lilie aus ihrem Versteck unter den Tüchern an Benzede’s Brust auf den Boden. Sie beugte sich runter, um die Blume aufzuheben, jedoch glitten ihre Finger durch den Stängel hindurch und die Lilie löste sich auf. Erstaunt und auch etwas enttäuscht richtete sich Benzede wieder auf und sah sich erneut in der vor Hitze flimmernden Einöde um. Alle warteten gespannt auf ihre Entscheidung, denn keiner würde seine Schritte in eine andere Richtung lenken als die ehemalige Herrscherin. Sie schluckte die Tränen herunter und versuchte sich an die Karten in Prûth’s Arbeitszimmer zu erinnern. Wo waren Gebirge und damit mögliche Verstecke? In welche Richtung musste sie diese armen Menschen führen, um sie in Sicherheit zu bringen? Und sei es nur für diese erste Nacht.
Während sie krampfhaft versuchte sich zu orientieren schweifte ihr Blick umher. Da sah sie auf einmal ein paar Schritte vor sich eine weiße Lilie liegen. Sie lief darauf zu, als sie sie jedoch erreichte, löste sie sich abermals auf und erschien ein ganzes Stück weiter weg erneut. Wiederum lief Benzede zu der Lilie, wiederum löste sie sich auf, nur um einige Schritte entfernt wieder aufzutauchen. Die junge Frau spürte die Blicke der anderen Verbannten auf sich, die verwirrt ihren sprunghaften Bewegungen gefolgt waren, in der Hoffnung sie würde ihnen nun einen Ausweg aus der glühenden Hitze zeigen und verbarg ihre eigene Verwirrung hinter der ausdruckslosen, starren Maske zu der sie ihr Gesicht seit Jahren an jedem Gerichtstag hatte werden lassen. Keiner der anderen schien die Lilie zu sehen. Hatte sie Halluzinationen aufgrund der Hitze? Sie beschloss einen Schluck zu trinken, sollte sie die Lilie danach weiterhin sehen, würde sie einfach dieser Blume folgen, immerhin war das besser als hier vor dem Palast auf ihr Ende zu warten. Mit geschlossenen Augen löste sie die Flasche vom Gürtel, öffnete sie im Zeitlupentempo und führte sie unter dem Tuch, das als Mundschutz diente, an ihre Lippen. Langsam nahm sie einen kleinen Schluck und dann noch einen weiteren. Erst als sie die Flasche wieder geschlossen hatte, öffnete sie die Augen. Die Lilie lag noch immer dort, als würde sie warten bis Benzede neben sie trat.
“Ich weiß nicht, wohin ich gehe und ob ich irgendwo einen Unterschlupf finden werde.”, sagte sie ohne sich umzudrehen. “Jeder, der mir folgen will, darf dies nur in dem Wissen tun, dass ich nicht für sein Überleben garantieren kann.” ,damit ging sie los. Sie wollte nicht wissen, wer ihr folgte, jedoch hörte sie das Schlurfen einiger Sandalen hinter sich und die Last auf ihren Schultern wurde schwerer. Kaum war sie bei der Blume angelangt, löste sich diese wieder auf und erschienen einige Meter weiter, gegen das Sonnenflimmern nur schwer zu erkennen, wieder.
Während die Sonne unerbittlich brennend am Himmel gen Westen wanderte, schleppten sich Benzede und ihre Leidensgenossen durch die karge Wüste. Inzwischen war klar, dass die Blumen sie führten, doch wohin wusste sie nicht, oder genauer die junge Anführerin wollte es nicht wahrhaben. In der Hitze, dem Durst und der Verzweiflung darum ihr Kind vielleicht nie wieder sehen zu können, hatte sie eine Weile gebraucht um sich die Karten noch einmal vor Augen zu führen und hoffte noch immer, dass ihre Erinnerung ihr einen Streich spielen würde, denn der Weg, auf dem sie sich befanden, führte auf einen kilometertiefen Abgrund zu.
*
Mittlerweile hatte sich die Dämmerung über diesen Teil der Erde gelegt und es wurde rasch dunkler. Prûth hatte viel Zeit mit seinen Beratern und der Überprüfung der Arbeiten auf dem 3.Floor verbracht, sodass er bisher keine Minute bei seiner Tochter war. Ihr Fläschchen hatte sie, streng nach dem Zeitplan des Herrschers, von einer Saalwache in den Mund gestopft bekommen.
Der “Erhalter der Menschheit“ bewegte sich schnell auf die Wiege zu. Man muss sagen bewegte, denn ein wirkliches Gehen war es nicht. Es war mehr ein Schweben, wie das Gleiten einer fast starren Gestalt, deren Extremitäten sich nur mechanisch bewegten, so als würde es Prûth Mühe kosten sie zu koordinieren und sich wie ein normaler Mensch zu bewegen. Dennoch war diese Anstrengung notwendig, damit sich der Alleinherrscher fortbewegen konnte, auch wenn seine Füße nie den Boden zu berühren schienen.
Der stolze Vater bewegte sich also an den großen Fenstern, deren, mit für UV-Strahlen undurchlässigem Glas bestückten, Scheiben die Form von länglichen Sechsecken hatten, vorbei zum Bettchen seines Kindes hin. Dort angekommen sah er für einen Moment ein Schimmern auf der rechten Seite des Köpfchens seiner Tochter und er tastete danach. Doch seine Finger glitten durch es hindurch, als wäre es nur ein Spiel zwischen Staub und Schatten, verursacht von einem direkten Lichtstrahl, der durch die weißen Spitzen des Wiegenvorhangs drang.
„Lasst Die Luft Noch Einmal Reinigen!“, befahl der Despot mit leiser Stimme, um sein Kind nicht zu wecken. Es schlief selig im Schatten des Vorhangs, da Prûth aus einer kurzen Distanz auf es hinab sah und sich eine Art mildes Lächeln in seine ansonsten starren Gesichtszüge stahl. Diese Mine machte ihn noch weniger menschlich, als er ohnehin schon wirkte.
„Herr, sie wird so schnell wie möglich eine Amme benötigen.“, gab Vadem vorsichtig zu bedenken.
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